Einen Moment lang haben wir schon überlegt, ob wir wirklich nach Cusco und damit auch nach Machu Picchu fahren sollen. Das Top-Highlight jeder Perureise, aber eben auch DIE Touri-Hochburg mit allen negativen Begleiterscheinungen. Die Neugierde und auch Begeisterung für diese einzigartige Anlage war dann doch stärker und wir haben uns auf den Weg gemacht.
Cusco wird überschwemmt von Touristenmassen – das stimmt, trotzdem hat das historische Zentrum einen wundervollen Charme. Wir sind sehr angetan und erkunden die zum Teil sehr engen und steilen Straßen/Gassen.Cusco ist eine zweigeteilte Stadt. Zum einen gibt es das gepflegte Tourizentrum rund um den zentralen Hauptplatz und die angrenzenden Straßen. Restaurants, Bars, Cafes, Reiseagenturen, Outdoorläden und Souvenirshops reihen sich aneinander. Die Auswahl ist gigantisch und alles in europäischen/amerikanischen Standard der Hauptzielgruppe.Sobald man jedoch ein wenig weiter geht, beginnt die normale Stadt. Die Läden schmuckloser, einfacher, alles etwas greller und lauter, aber unglaublich lebendig. Straßenhändler prägen das Bild: Obst, Gemüse und Fleisch (alles ungekühlt) wird so bis spät in den Abend verkauft. Kinder, die auf der Straße spielen und ganz viele Hunde, die in Abfällen wühlen und frei durch die Stadt laufen.
Für die Inkas war Cusco ‚Nabel der Welt‘. Von hier aus wurde das Riesenreich regiert – bis die Spanier auftauchten, gewaltsam die Macht übernahmen, alles Wertvolle raubten und Bestehendes zerstörten. Von der einstigen Pracht ist kaum etwas übrig geblieben. An einigen Stellen in der Stadt sind noch Grundmauern von Inka-Bauten erhalten geblieben, auf denen die Eroberer eigene Gebäude errichteten. Bemerkenswert finde ich, dass die ursprünglichen Inkamauern bisher allen Erdbeben standgehalten haben, während die spanischen Gebäude regelmäßig einstürzten und wiederaufgebaut werden mussten.
Etwas oberhalb von Cusco besuchen wir eine Festungsanlage der Inkas ‚Sacsayhuamán‘ (die Eselsbrücke für die Aussprache dieses Namens lautet „sexy woman“). Obwohl natürlich nur noch Reste erhalten sind, kann man die beeindruckenden Ausmaße noch gut erkennen. Drei übereinander liegende Zickzackwälle schützten die Festung. Tonnenschwere Felsblöcke wurden aufeinander geschichtet, passgenau geschliffen und ohne Mörtel zusammengefügt. Bis heute ist unklar, wie das die Menschen geschafft haben. Nachdem die Spanier die Anlage erobert hatten, wurde sie quasi als Steinbruch für den Aufbau des „spanischen“ Cusco verwendet.
Wir waren im Vorfeld alarmiert durch die Berichte von anderen Reisenden zu Machu Picchu, die von unglaublichen Menschenmassen, Kartenreservierungen monatelang im Voraus und sogar Abzocke sprachen. Wir haben uns dann kurzfristig in Cusco über Möglichkeiten informiert, weil wir nicht lang im Vorraus buchen wollten und letztlich eine klassische Zweitagestour gebucht. Vormittags ging es mit dem Bus von Cusco aus nach Ollantaytambo. Ein kleiner Bahnhof, mächtiges Gewusel, weil hier die Züge starten nach Aguas Calientes, dem Ort, der Machu Picchu am nächsten liegt. Er scheint nur aus Restaurants, Läden und Hotels zu bestehen und es wird überall gebaut. Wir gehen zu unserem Hotel und zeitig schlafen, weil wir ganz früh am nächsten Morgen einen Bus zum Eingang von Machu Picchu nehmen wollen. Morgens um 6.00 Uhr ist die Warteschlange schon gut 500 Meter lang! Aber alles ist gut organisiert, das ist zu spüren. Wir warten vielleicht 25 Minuten und dann geht es steil den Berg hinauf nach Machu Picchu. Noch einmal Warten vor dem Eingang, was etwas Zeit braucht, da die personalisierten Tickets mit den Pässen abgeglichen werden. Und dann ist es soweit, unsere kleine Reisegruppe macht sich auf den Weg. Es geht noch einmal ziemlich steil bergauf und dann erreichen wir den ersten Aussichtspunkt der Anlage und sehen … nichts!
Der Morgennebel hüllt noch alles ein, es ist höchstens schemenhaft etwas zu erkennen. Unser Guide verspricht baldige Besserung und so kommt es dann auch. Nach und nach werden die Umrisse sichtbar, fast ein magischer Moment, toll! Wir unternehmen einen ersten Rundgang über das Gelände und sind sehr beeindruckt von der Schönheit und Effektivität dieser Stätte.Hinter jeder Ecke bietet sich wiederum ein faszinierender Blick!
2500 Personen dürfen derzeit täglich Machu Picchu besuchen. Trotzdem wird über eine weitere Regulierung nachgedacht – wohl insbesondere auf Druck der Unesco -, was sicherlich auch gut ist, da diese Menschenströme natürlich auch Schäden anrichten. Wir machen uns auf zur Inka-Brücke und zum Sonnentor, die etwas außerhalb des eigentlichen Geländes liegen. Ein steiler Weg führt dorthin, entschädigt dann mit einer sehr schönen Aussicht auf Machu Picchu und die umliegenden Täler. Nur wenige der anderen Besucher machen sich hierher auf den Weg, vielleicht so 30 Menschen treffen wir. Als wir dort oben unsere Mittagspause einlegen, trudelt so nach und nach eine Gruppe kanadischer Studenten ein. Einige von ihnen erreichen nur mit Mühe das Ziel, sie sind offensichtlich konditionell und koordinativ völlig überfordert. Das ist echt erschreckend!
Den Nachmittag nutzen wir für eine weitere Erkundung und zwischendurch halten wir immer wieder inne und genießen diese einzigartige Atmosphäre.Ganz viele Theorien haben wir gehört und gelesen zu dieser Anlage und doch bleiben viele Fragen offen. Vielleicht ist das aber auch Teil der Magie und Faszination!
Gegen 4.00 Uhr machen wir uns zu Fuß auf den Rückweg nach Aguas Calientes, weil wir keine Lust auf erneute Bus-Warteschlange haben. Nach gut 45 Minuten ist das Ziel erreicht und wir belohnen uns mit einem leckeren Essen (Alpaka-Burger, Pasta mit Gemüse). Kaum haben wir das Besteck in den Händen, fängt es heftig an zu regnen. Alles richtig gemacht! Abends dann müde aber glücklich mit Zug und Bus zurück nach Cusco.