Colca-Tal

Mit einem lokalen Bus geht es von Arequipa in nördlicher Richtung ins Colca-Tal. So ein unkomfortables Gefährt hatten wir schon lange nicht mehr. Die Sitzpolster durchgesessen, die Beinfreiheit auf südamerikanischem Niveau, die Fenster ließen sich nicht öffnen, natürlich keine Toilette, keine Gurte und die Rückenverstellung der Sitze defekt. Es sind zwar nur 170km zu fahren, aber die Strecke ist kurvig und steil und durch unzählige Stopps unterbrochen, um Leute am Straßenrand aufzunehmen und rauszulassen. Wir hatten viel Zeit die beindruckende Landschaft zu bewundern, es ging vorbei an Vulkanen und uralten terrazierten Berghängen, so dass die 7 Std. Fahrzeit erträglich waren.

Aber wir werden entschädigt. Unser Ziel ist Cabanaconde, ein kleiner Ort, der direkt am berühmten tiefen Colca-Canyon (bis zu 3400 Meter tief) liegt und viele Wanderer und Tagesausflügler aus Arequipa anlockt. Zudem gibt es am „Cruz de Condor“, einem Aussichtspunkt ganz in der Nähe, die Möglichkeit aus nächster Nähe frei lebende Kondore zu beobachten. Früh morgens stehen die Chancen am besten und so sind wir auch um kurz vor 8.00 Uhr mit hunderten anderen Menschen dort, um das Schauspiel zu beobachten. Erst sind nur einige wenige Tiere zu sehen, als dann aber der Wind nachlässt, kommen viele aus ihren Nestern und wir können – sehr nah – die Flugkünste bewundern. Eindrucksvoll! Von unserem Hotel aus sind wir mit einem VW T2 losgefahren (bevor wir starten konnten, musste der Fahrer erst mal den Aschestaub des nahe gelegenen Vulkans entfernen; nachts hat er ein paar Aschewolken ausgespuckt…). Zurück sind wir dann auf Mountainbikes umgestiegen und hatten so die Chance, in aller Ruhe die einzigartige Landschaft zu genießen. Sehr schön, zumal wir auf der Straße fast allein waren. Die ganzen Busse der Tagesausflügler drehen am Cruz de Sur um und fahren nach Arequipa zurück.

Mit unserem Hotel haben wir einen echten Glücksgriff getan. Schöne Zimmer (wenn auch wie fast überall in Südamerika hellhörig), ein gutes Restaurant, ein sympatischer Besitzer – Ludwig (er heißt wirklich so; auf Nachfrage erklärt er uns, dass Peruaner eine Schwäche für exotische Vornamen haben wie z. B. auch Winston, Churchill, Messi) und sehr freundliches Personal, was unglaublich pragmatisch und freundlich ist. Eines Morgens ist der Strom weg, dann wird halt bei Kerzenlicht gefrühstückt, abends fällt das Warmwasser für die Duschen aus, also kalt Duschen oder sein lassen! Aber irgendwie macht das alles nichts, die Atmosphäre ist toll und wir fühlen uns sehr wohl.

Zum Angewöhnen beginnen wir mit einer Halbtagestour-Wanderung zu Inkaruinen, die auf einem Bergkamm in der Nähe liegen. Wir lassen uns den Weg erklären und laufen los. Die ersten Hinweise finden wir noch gut, doch plötzlich verwandelt sich der Schotterweg in einen kleinen Bachlauf, weil anscheinend ein Bewässerungskanal defekt ist. Wir müssen da ein bisschen improvisieren und prompt passiert ist: Heiko rutscht von einem Stein ab und steht mit beiden Füßen im Wasser. Also rauf auf das nächste Feld, Schuhe und Socken ausziehen und in der Sonne trocknen lassen! Bei der Sonnenintensität geht das übrigens sehr flott. Während wir so warten, kommt plötzlich ein Bauer mit einigen Stieren auf einem Nebenweg vorbei. Die Tiere sind ca. 30 Meter entfernt und besonders ein junger Stier ist sehr nervös, brüllt permanent und scharrt mit den Hufen. Jetzt werde ich nervös und beginne schon mal mir einen geeigneten Fluchtweg zu suchen und den Rucksack zu packen, als er sich doch besinnt und brav hinter seinem Besitzer herläuft…

Den bekanntesten Wanderweg heben wir uns für das Ende unseres Aufenthalts auf. Direkt von Cabanaconde geht es 1200 Höhenmeter (in 7km) runter bis auf den Grund der Schlucht nach Sangalle. Der Weg ist holperig, aber in Serpentinen angelegt, so dass wir nach zwei Stunden ganz unten sind. Wir erholen uns am Flußlauf und gehen dann noch zu einem der Hotels, wo wir nach einem Bad im Pool erfrischt für den Aufstieg sind. Das ist dann allerdings etwas härter. Diesmal brauchen wir drei Stunden, wobei die letzte Stunde echt hart ist. Aber wir schaffen es, ohne einen Muli mieten zu müssen. Das ist die Option für erschöpfte Wanderer, die regelmäßig genutzt wird. Und die Tiere sind so schnell und trittsicher! Echt beeindruckend! Abends im Hostel erfahren wir, dass es seit einigen Jahren einen Wettbewerb gibt, wer am schnellsten den Weg aus der Schlucht nach oben schafft. Der derzeitige Rekord steht bei 35 Minuten!!!???? Keine Ahnung wie das geht (ich fand uns schon schnell…).

 

 

 

 

 

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