Über Santiago de Chile fahren wir nach ‚ Valpo‘, wie Valparaíso hier kurz genannt wird. Diese besondere Stadt am Pazifik mit langer und wechselvoller Geschichte. Auch literarisch findet sie bei Thomas Mann Erwähnung in den ‚Buddenbrooks‘, da sie einmal der Inbegriff für den Pazifikhandel war. Markant am Stadtbild sind – früher wie heute – die vielen (insgesamt 45) Hügel, in die die Häuser hinein gebaut wurden. Teile der Altstadt zählen auch zum Weltkulturerbe der Menschheit, dies erschließt sich allerdings erst auf den zweiten Blick. Der erste Eindruck ist wenig positiv: voll, laut, schäbig, vernachlässigt, schmutzig. Es wird zwar hier und da gefegt und geräumt, danach sieht es dann aber wenig besser aus. In einigen Straßenzügen wandelt sich dann das Bild. Es gibt ganz viele originelle Graffiti und Straßenkunst zu bewundern, die eine fröhliche, inspirierende Atmosphäre schaffen. Und in jeder Straße eröffnet sich immer wieder ein anderer Blick auf den Hafen und die Stadt. Zudem gibt es dort viele Cafés und Restaurants, die sehr individuell eingerichtet sind und tolle Angebote haben. Ganz bekannt sind auch die zahlreichen Schrägaufzüge, mit denen man sehr preiswert in die höher liegenden Stadtteile gelangen kann. Sie sind Relikte aus dem letzten Jahrhundert, seit Mitte des 19 Jahrhunderts rattern sie die Hügel rauf und runter. Nicht alle sind noch in Betrieb, da Wartung und Pflege sehr teuer sind, aber die, die fahren, verbreiten ein tolles Flair und sind zudem noch sehr preiswert (pro Fahrt ca. 0,20 Euro). Eine weitere Kuriosität sind die Trolleybusse, die eine festgelegte Route im ebenen Innenstadtberich befahren. Heiko ist ganz fasziniert von diesen Oberleitungsbussen. Nach meiner Einschätzung sehen sie eher aus als gehörten sie ins Museum, aber weit gefehlt: sie erledigen seit 1952 zuverlässig ihren Dienst und dies auch preiswert und feinstaubfrei. Für die Radsportbegeisterten gibt es einmal im Jahr ein Downhillrennen (Cerro Abajo) durch die Stadt. Es geht 1,7 km über Treppen, Rampen, Hauswände und sogar durch Hausflure runter zum Hafen. Das sind echt verrückte Typen!!!
Bei einer kleinen Hafenrundfahrt können wir auch von der Seeseite auf die Stadt blicken. Da wird das gewaltige Ausmaß der Ausbreitung über die Hügel sehr deutlich. Wir erfahren auch, dass wir mit einem Schiff der chilenischen Marine zu den Osterinseln hätten fahren können. Da gibt es ein Angebot, was über das Internet zu buchen ist. Allerdings dauert die Fahrt 7 Tage. Wie gut, dass wir den Flug gebucht haben!
Ganz in der Nähe liegt Viña del Mar, ein sehr beliebtes Seebad an der Küste. In den Ferienmonaten verbringen hier viele Chilenen und Argentinier (wir hören eine Zahl von bis zu 1 Million Gästen?) ihren Urlaub. Es ist eine relativ junge Stadt, die auf dem Reißbrett geplant wurde. Riesige Hotelbunker und Appartement-Anlagen, viele Restaurants, Souvenirshops und Fastfood-Läden. Ziemlich scheußlich, es erinnert uns an manche Orte am Mittelmeer (z.B. Lloret de Mar und den Ballermann).
Uns führt ein kleines Museum, welches eine Abteilung zur Geschichte und Kultur der Osterinseln hat, hierher. Zur Vorbereitung auf unseren Besuch dort, wollen wir uns ein bisschen einstimmen und werden sehr positiv überrascht. Wir bekommen eine exklusive Führung von einer sehr kundigen Mitarbeiterin und freuen uns jetzt noch mehr, dass wir uns für diesen Abstecher entschieden haben.
Am 23. März war hier abends Ausnahmezustand. Es gab ein Länderspiel: Chile gegen Argentinien. In jeder kleinen Bar war ein Fernseher aufgebaut und viele Chilenen verfolgten sehr emotional das Spiel, welches Chile am Ende mit 1:0 verlor. Am besten gefiel mir die Begeisterung und die Sprechgeschwindigkeit der Kommentatoren. Ich dachte nicht, dass man so schnell sprechen kann. Wir haben auch beim normalen Gespräch Schwierigkeiten zu folgen, aber das ist jetzt wirklich unmöglich… Wir gehen in ein schönes Restaurant ohne Fernseher und anschließend werfen wir dann noch einen Blick über die Bucht, wenn die Abendlichter funkeln. Das ist dann schon beeindruckend, trotzdem bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück.
Wie extrem farbig doch die Stadt ist. Gibt es dafür einen Grund. Und sehr witzig fand ich auch den aufgeschnittenen Bulli.